Niedertemperatur- und Brennwerttechnik
Es gibt vielfältige Möglichkeiten, ein Haus zu beheizen. Durch die Wahl bzw. die Verfüg-
barkeit des Brennstoffs erfolgt jedoch eine Festlegung mit bestimmten heiztechnischen
Konsequenzen. In Deutschland dominieren Heizöl und Erdgas mit knapp 80% Marktanteil,
wobei Gas mit 35% fast die Position des immer noch führenden Heizöls erreicht hat.
Gas erlaubt eine variantenreiche Heiztechnik. Es gibt Gaskessel, deren Brenner mit und
ohne Gebläseunterstützung arbeiten. Manche Kessel stehen am Boden, andere werden
an die Wand gehängt. Besonders die wandhängenden Geräte werden mit unterschiedlichen
Begriffen wie Wandkessel, Therme, Umlaufheizer usw. belegt. Hinzu kommen neuere heiz-
technische Entwicklungen wie der Niedertemperatur- und der Brennwertkessel.
Was Niedertemperatur- und Brennwertkessel gemeinsam haben
Beide Bauformen entstammen dem gleichen Grundgedanken, nämlich den Kessel nur mit
der Temperatur zu betreiben, die gerade notwendig ist. An sehr kalten Tagen ist demnach
eine höhere Temperatur erforderlich als an milden Tagen. Der Zusammenhang von Außen-
temperatur und notwendiger Heiztemperatur wird als Heizkurve bezeichnet. Der Verlauf
dieser Kurve wird von Bauart und Größe der Heizflächen bestimmt.
Statt ganzjährig auf der hohen Maximaltemperatur zu stehen, "gleitet" der Kessel diese
Temperaturkurve entlang. Wie günstig das aus energetischer Sicht ist, zeigt eine ganz
einfache Rechnung, für die man nur wissen muß, daß die Verlustwärme des Kessels von
der Temperaturdifferenz zwischen Kesselwasser und Raum abhängt, z.B.
80°C - 20°C = 60°C
Hat der Kessel im Jahresmittel statt 80 nur 50°C Betriebstemperatur,
so beträgt die Differenz nur noch
50°C - 20°C = 30°C
das ist die Hälfte des vorigen Wertes. Der Auskühlverlust verringert sich also um 50%.
Für die Wirtschaftlichkeit ist das außerordentlich bedeutsam, da sich der Auskühlverlust
während der langen Zeit der Temperaturhaltung (8760 Stunden bei ganzjährigem Betrieb)
summiert. Vor allem bei alten Kesseln mit mangelhafter Wärmedämmung und großer
Oberfläche (typisch für sogenannte "Umstellbrandkessel") kann die ständig hohe
Betriebstemperatur gravierende Auswirkungen auf den Brennstoffverbrauch haben.
Bei gleitend betriebenen Heizkesseln heutiger Ausführungsformen, das sind die Nieder-
temperatur- und Brennwertkessel, hat der Auskühlverlust keine Bedeutung mehr, zumal
der Kessel bei Heizpausen von der Regelung automatisch außer Betrieb genommen, also
nicht ständig auf Temperatur gehalten wird.
Der praktische Heizbetrieb
Die Frage des Standortes
Der Standort der Wärmezentrale hat nichts mit der heiztechnischen Qualität zu tun.
Wärmeerzeuger und Warmwasserspeicher - beide bilden als funktionelle Einheit die
Wärmezentrale - kommen in bodenstehender Ausführung kaum um einen eigenen Heiz-
oder Technikraum herum. Wandhängende Systeme dagegen können an unterschiedlichen
Stellen im Haus angebracht werden.
Aus heiztechnischer Sicht spielt es keine Rolle, ob man sich für einen bodenstehenden
oder wandhängenden Gaskessel entscheidet. Es gibt dabei keine nennenswerten Vorzüge
oder Nachteile. Wandgeräte sind naturgemäß von leichter und kompakter Bauart.
Der vergleichsweise geringe Kesselwasserinhalt ist nicht nachteilig, im Gegenteil, den
schnelle Betriebsbereitschaft erlaubt den Einsatz relativ kleiner Speicher bei voller Komfort-
deckung. Wandhängende Speicher gibt es bis etwa 120 Liter Volumen. Bei größerem
Warmwasserbedarf kommt man allerdings kaum um einen bodenstehenden Speicher herum;
damit ist aber auch der Standort mrhr oder weniger eingeschränkt.
Standort Heizraum/Technikraum
Ein eigener Heizraum hat eine ganze Reihe von Vorzügen und eigentlich nur ein Nachteil,
daß er eben Raum beansprucht, den er dem Wohnbereich entzieht.
- Die techniche Optik besonders der weiteren Systemteile wie Rohre und Armaturen spielt
keine so große Rolle.
- Ein so wichtiger Systembestandteil wie das Ausdehnungsgefäß kann großzügig
dimensioniert sein
- Die Speicherauswahl unterliegt keinen Platzeinschränkungen. Damit kann auch ein hoher
Warmwasserbedarf durch Einsatz großvolumiger Speicher gedeckt werden.
- Eventuelle Systemergänzungen oder Erweiterungen können jederzeit vorgenommen werden,
z.B. Zurüsten von Solartechnik
- Der Kessel kann raumluftabhängig betrieben werden, das läßt geringe Systemkosten erwarten.
- Geräuchentwicklungen stören nicht im Wohnbereich.
- Wartungs und Servicearbeiten können ohne größere Störung der Bewohner durchgeführt werden.
Der Heizraum sollte trotz anderweitiger Nutzungsmöglichkeiten primär seinem eigentlichen
Zweck dienen. Vor allem bei raumluftabhängig betriebenen Geräten muß Staubentwicklung
(auch Wäscheflusen gehören dazu) zum Beispiel durch Mitbenutzung Als Trockenraum
vermieden werden.
Standort Wohnbereich
Die Möglichkeit, eine saubere und geräucharme Gas-Wärmezentrale im Wohnbereich
unterzubringen, wird immer häufiger genutzt. Natürlich entfallen damit Vorteile, die ein
eigener Heizraum bietet, aber die Möglichkeit, diesen primär für andere Zwecke zu
verwenden, kann für den einzelnen einen höheren Stellenwert besitzen. Mitunter steht
auch gar kein eigener Heizraum zur Verfügung, z.B. in Eigentumswohnungen mit jeweils
eigener Wärmeversorgung. Die Aufstellung im Wohnbereich bringt neben dem Raumgewinn
auch den Vorzug, daß die Wärmeverluste des Systems zum großen Teil der Beheizung des
Gebäudes zugute kommen und somit nicht mehr als Verluste zu Buche schlagen. Besondere
Sorgfalt ist aber bei der Geräteauswahl, insbesondere mit Blick auf den Warmwasserbedarf,
gefordert. (Geringer Warmwasservorrat).
An welcher Stelle im Wohnbereich die Wärmezentrale installiert werden soll, hängt von der
Abgasführung bzw. vom Abgasanschluß ab. Entweder muß ein Schornsteinanschuß möglich
sein oder die Installation einer baurechtlich zugelassenen Abgasleitung. Der außerordentlich
praktische und preiswerte Außenwandanschluß, der in vielen Ländern anzutreffen ist, wird in
Deutschland nur in Ausnahmefällen zugelassen.
Bei der Festlegung des Standortes darf nicht außer acht gelassen werden, daß der Kessel-
betrieb nicht geräuschlos abläuft. Hier sind vor allem die Ruhezeiten zu bedenken. Geräuche,
die tagsüber überhaupt nicht auffallen, können nachts zu einem Dauerärgernis werden, das
nur durch einen Standortwechsel beseitigt werden kann. Deshalb sollte eine gewisse Distanz
zu Schlafräumen eingehalten werden. Erfahrungsgemäß eignen sich Diele, Küche und Bad
meist recht gut als Standort.
Standort Dachraum
Bei einer Aufstellung am Dachboden ergeben sich Kostenvorteile, da der Abgasweg besonders
kurz und meist leicht zu installieren ist. Die längeren Energie-Versorgungsleitungen fallen
kaum ins Gewicht. Ansonsten sollten die gleichen Kriterien wie bei den anderen Standorten
beachtet werden.
Das Kondenswasser
In Verbindung mit dem anfallenden Kondensat interessieren vor allem die Menge des Konden-
sats, seine Beschaffenheit und die Entsorgung. Die theoretische Kondenswassermenge läßt
sich aus der Differenz:
Brennwert zu Heizwert und der Verdampfungswärme des Wassers errechnen. Die praktisch
erzielbare Menge ist aber weit geringer und hängt von bestimmten Konstruktionsparametern
des Brennwertkessels ab sowie von den Betriebsbedingungen, hier vor allem von der Heiz-
wasserrücklauftemperatur.
Als Anhaltswert kann gelten, daß im Jahresdurchschitt pro Kubikmeter Gas ca. 1 Liter
Kondenswasser entsteht. Bei einem Verbrauch von 2500 m³ Gas im Jahr entspricht dies
also etwa 2500 Liter Kondenswasser. Bezogen auf die häusliche Abwassermenge sind
das 1 bis 2%, also verschwindend wenig.
Die tägliche anfallende Kondenswassermenge steht für die energetische Ausbeute und
variert mit der Außentemperatur. Ist es mild, wird die Kondensationsrate aufgrund der
niedrigen Heizwasser-Rücklauftemperatur hoch sein, dafür läuft der Brenner nur wenige
Stunden. Bei kalter Witterung ist es umgekehrt, der Brenner läuft sehr lange, aber aufgrund
der hohen Betriebstemperatur entsteht relativ wenig Kondenswasser. Die größte tägliche
Kondensationsmenge entsteht also im mittleren Außentemperaturbereich. Das kommt dem
praktischen Heizbetrieb entgegen, denn der größte Teil der zu erbringenden Heizarbeit liegt
auch in diesem Bereich.
Aus Umweltsicht interessiert natürlich auch die Beschaffenheit und Zusammensetzung,
den das Kondensat muß ja der Abwasserkanalisation und über diese den Kläreinrichtungen
zugeführt werden. Kondenswasser ist eigentlich nur destilliertes Wasser.
Beschaffenheit des Kondenswasser im Vergleich zu Trinkwasser
Der pH-Wert des Kondenswasser entspricht etwa dem des Regenwassers, also leicht sauer,
aber weniger sauer als Zitronensaft.
Inhaltsstoffe bzw. Zustand |
Grenzwerte der Trink- wasserverordnung mg/l |
Kondenswasser eines Brennwertkessels mg/l |
Blei |
0,04 |
unter 0,002 |
Chrom |
0,05 |
unter 0,002 |
Nickel |
0,25 |
unter 0,002 |
ph-Wert |
6,5 - 9,5 |
4 |
Für die Zulassung der Kondensateinleitung sind die Kommunen bzw. die unteren
Wasserbehörden zuständig. Leider gibt es keine einheitliche bundesweite Regelung.
Die Mehrheit der kommunalen Behörden hat sich jedoch den Empfehlungen des
ATV-Merkblattes M251 angeschlossen ( ATV = Abwasser-Technische Vereinigung)
Danach darf das Kondenswasser bis zu einer Gerätegröße von 25 kW ohne vorherige
Neutralisation eingeleitet werden. Das Kondenswasser aus Brennwertkesseln zwischen
25 und 100 kW Leistung darf nur tagsüber - während auch häusliches Abwasser anfällt
(Neutralisierung) - in die Kanalisation abgeführt werden, d.h. nachts wird es gesammelt
und bis zum Tag gespeichert.
Das Abgassystem
Das Abgas des Brennwertkessels unterscheidet sich in zwei Punkten vom Abgas nicht
kondensierender Kessel:
- Die Temperatur ist extrem niedrig.
- Mit der Abkühlung im Abgasrohr fällt weiteres Kondensat an.
Die niedrige Abgastemperatur (meist weit unter 100°C) liefert nur wenig thermischen Auftrieb,
so daß Brennwertkessel heute durchweg mit Brennergebläsen arbeiten. Es kann deshalb
dazu kommen, daß der Schornstein nicht "zieht", sondern das Abgas vom Gebläse "gedrückt"
wird. Statt Unterdruck herrscht Überdruck.
Normale Schornsteine sind für Überdruck nicht zugelassen. Entweder ist dafür zu sorgen,
daß dieser Betriebszustand nicht auftreten kann, das erfordert einen entsprechenden
bemessenen Strömungsquerschnitt und eine Abgastemperatur von mindestens 40°C,
oder man verwendet eine amtlich zugelassene gasdichte Abgasleitung
(von "Schornstein" kann in diesem Fall nicht mehr sprechen).
Das im Abgasweg weiterhin anfallende Kondenswasser darf natürlich zu keiner Gefährdung
oder Zerstörung der eingesetzten Materialien führen.
Falls ein Schornstein vorgesehen ist, muß dieser feuchteunempfindlich sein.
Abgasleitungen müssen aus einem entsprechend geeigneten Material bestehen.
Die geschilderten Anforderungen erscheinen vielleicht kompliziert und verwirrend.
Es kommt noch hinzu, daß die Geräte raumluftabhängig und raumluftunabhängig betrieben
werden können. In der Praxis ist es aber sehr einfach, da mit der Wahl des Standortes die
Entscheidung für das Abgassystem weitgehend festgelegt ist.
Wird die Wärmezentrale in einem eigenen Heiz- oder Technikraum mit Schornsteinanschluß
installiert, kann die Verbrennungsluft unmittelbar diesem Raum entnommen werden.
In diesem Fall arbeitet das Gerät raumluftabhängig. Das ist zulässig, weil diese Aufstellräume
nicht für den ständigen oder längeren Aufenthalt von Personen vorgesehen sind.
Wird als Aufstellort ein Raum innerhalb des Wohnbereichs gewählt, muß die Verbrennungsluft
unabhängig vom Raum zugeführt werden. Diese Betriebsweise ist dann raumluftunabhängig.
Quelle: Die Bibliothek der Technik 85
Bilder: (Buderus Heiztechnik)